Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Veterinäre kritisieren mangelndes Tierwohl in vielen Privathaushalten und wollen einen Kompetenznachweis für Halter.
„Wir fordern einen Sachkundenachweis, also eine verpflichtende Beschäftigung mit den Grundlagen“, sagte Tierärztin Christina Bertram dem „Spiegel“. Trotz hoher Ausgaben für Haustiere würden viele Besitzer den Bedürfnissen der Tiere nicht gerecht. „Tiere werden überfüttert. Adipositas ist ein riesiges Thema – mit Folgen wie Gelenkproblemen und Diabetes. Zahnerkrankungen nehmen zu“, so Bertram.
Sie ist Vizepräsidentin der Tierärztekammer Hamburg und hat an einem Forderungskatalog der Bundestierärztekammer für mehr Tierschutz bei Kleintieren mitgearbeitet. Ein Pflichtmodell für einen Haustierführerschein sei politisch wohl schwer durchzusetzen, sagte Bertram. „Man könnte aber Kurse an bestehende Regelungen wie etwa die Hundesteuer knüpfen. Tierärzte könnten qualifizierte Leute für solche Kurse ausbilden, auch Onlinekurse mit einem entsprechenden Zertifikat wären denkbar.“
Der Nachweis soll nach dem Willen der Tierärzte auch für Kleintiere wie Meerschweinchen oder Kaninchen gelten. „Für Heimtiere halte ich Sachkunde sogar für besonders wichtig. Es gibt viel Elend in deutschen Kinderzimmern“, sagte Bertram. Kaninchen und Meerschweinchen etwa seien Fluchttiere. „Sie leiden oft still und werden in kleinen Käfigen gehalten, die laut Kleingedrucktem nur für den vorübergehenden Aufenthalt geeignet sind.“
Tierhalter geben nach Ansicht der Veterinärin zudem Geld für Dinge aus, die am Ende nicht den Tieren zugutekommen. „Hüte, Mäntelchen, Accessoires“ würden „oft zur Show“ angeschafft, kritisierte Bertram. „Da wäre es sinnvoller, mit dem Hund rauszugehen oder ein Verhaltenstraining mit der Katze zu machen. Im Umgang mit Tieren fehlt oft der gesunde Menschenverstand.“
Bertram widersprach Kritik, ein Haustierführerschein würde Kosten und Bürokratie steigern. „Wenn ich praxisnah lerne, was das Tier wirklich braucht, spare ich am Ende sogar Geld. Haltungsbedingte Erkrankungen lassen sich vermeiden, wenn ich über Ernährung und Bewegung meines Tiers Bescheid weiß. Sachkunde liegt im Interesse von Tier und Halter. Natürlich ist es mehr Aufwand, aber es würde zu mehr Tierwohl führen.“
Foto: Hund in einem Oldtimer (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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